Literaturgesellschaft

Literaturgesellschaft Hessen e.V. (LIT)

August 2020:

Der Verein ist seit etwa zwei Jahren aus den Registern gelöscht und existiert nicht mehr.

siehe auch www.lit-hessen.de

(Am 1.3.17: ich war bis 2008 Vorsitzende, danach kandidierte ich nicht mehr. Unter "www.lit-hessen" hatte ich ein weitläufiges Archiv angelegt, das eine der späteren Vorsitzenden leider löschte. So bleiben mir hier einige Lücken.)

1996 in Frankfurt gegründet, hat die "Literaturgesellschaft Hessen" die Ziele und Inhalte des bis 1995 bestehenden Förderkreises übernommen, der seit Mitte der Achziger Jahre in Hessen an der Seite des VS Hessen aktiv war. Seine Hauptaufgabe bestand schon immer darin, einmal im Jahr "Autorentage" auszurichten, die es in Hessen bereits seit 1976 gab und die seit der Existenz der LIT in "Hessische Literaturtage" umgetauft worden sind. Grundsätzlich ist die LIT der Förderung von Literatur verpflichtet. (Siehe Satzung). Bei der Gründung übernahm Heinrich Dreoge den Vorsitz. Da er aber auch einen Verlag betrieb, befürchtete er Interessenkollisionen, und so fragte er mich, ob ich den Voritz übernehmen wolle. Ich kandidierte und wurde gewählt.

Hessische Literaturtage

1999 veranstaltete die LIT ihre ersten "Hessischen Literaturtage" in Rüsselsheim, von Heinrich initiiert, ich arbeitete mich ein. Unvergesslich: Peter Kurzecks Stimme im Festungskeller, im Wechselspiel mit einem Saxophon. 2001 eröffneten wir die Literaturtage in Büdingen. Hier fand zum erstenmal ein Poetry-Slam statt, als eine Neuerung, die Jugend zur Literatur lockte. 2002 waren wir in Limburg an der Lahn, und 2004 konnte sich Bad Hersfeld an den Literaturtagen erfreuen. Auch hier Peter Kurzecks Lesung in meiner Erinnerung, vor allem aber das gemeinsame Gespräch danach. Im November 2005 fanden die Hessischen Literaturtage in Mörfelden-Walldorf statt. Ende September 2006 wurden sie in Wiesbaden abgehalten.  2008 richtete ich zusammen mit dem Leiter der Stadtbücherei  Offenbach meine letzten Literaturtage aus, da ich nicht mehr für den Vorsitz kandidierte (ich wollte wieder selber schreiben). In Offenbach stellten wir zum ersten Mal Autoren aus Deutschland vor, die nicht auf deutsch schreiben; wir hatten neben der Vorbereitung entsprechender Übersetzungen für das Gespräch eine Simultandolmetscherin engagiert. Hier trat auch Asli Erdogan auf, jene filigrane türkische Schriftstellerin, die jetzt (d.h. 2016) wegen ihrer freien Meinung in ihrer Heimat vor Gericht gestellt wird. Die jüngsten Literaturtage fanden 2016 wieder in Rüsselsheim statt.

Nach dem Tod von Gründungsmitglied Dr. Gerhard Beier schrieb die LIT zum erstenmal den "Gerhard-Beier-Literatur-Preis" aus, der nach Büdingen (2001) und Limburg (2002) 2006 in Wiesbaden zum dritten Mal vergeben wurde. Der Preis bezifferte sich auf 1.500 Euro. Er wird für ein veröffentlichtes, literarisches Werk vergeben, das, wie gesagt,  auch gesellschaftspolitische Bezüge aufweist und das von einem/einer hessischen Autor/in verfaßt wurde. Der Beierpreis  2008 ging an den Darmstädter Autor Rainer Wieczorek. Den Beier-Preis 2010 erhielt eine Darmstädter Autorin, die sich auf heiter-ernste Weise mit der preußischen Einführung der Kartoffelpflanze  befasste. 2016 ging er an Horst Samson für seine Gedichte.

Die LIT organisierte  eine Zeitlang monatliche Lesungen in der Seniorenbegegnungsstätte Mittlerer Hasenpfad 40 in Frankfurt, und in unregelmäßigen Abständen ein "literarisches Frühstück" an verschiedenen Orten, bei dem wir uns gegenseitig mit unseren Werken näher kennen lernen konnten.

Im Frühjahr 2006 erschien das Buch "Hessische Autoren im Porträt" (Jonas-Verlag), an dessen Entstehen die LIT durch jahrelange Förderung beteiligt ist. Auch ich bin darin vertreten.

Die LIT ist Mitglied im Hessischen Literaturrat.

Ihre Projekte werden u.a. vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst unterstützt. -

 

Aus einem fremden Archiv:

Die »Hessischen Literaturtage« bringen seit 1996 im jährlichen bis zweijährlichen Rhythmus in jeweils wechselnden Städten hessische Autorinnen und Autoren live und vor Ort mit dem Publikum in Kontakt und verschaffen so den interessierten Leserinnen und Zuhörern einen lebendigen Zugang zu jener Literatur, die praktisch vor ihrer Haustüre entsteht.

Organisiert von der Literaturgesellschaft Hessen e.V. (LIT) in Zusammenarbeit mit dem Landesverband Hessen des Verbands deutscher Schriftsteller (VS), fanden die »Hessischen Literaturtage« zuletzt 2009, zwanzig Jahre nach dem Ende der deutschen Teilung, als »Hessisch-Sächsische Literaturtage« unter dem Motto »Einheitserfahrungen« im Dialog mit einem jener Bundesländer statt, die manchmal noch immer als »neu« bezeichnet werden.

Hessisch-Sächsische Literaturtage 2009: „Leipziger Auslese“

Hessisch-Sächsische Literaturtage 2009: »Leipziger Auslese«

 

Die Austragungsorte der »Hessischen Literaturtage«:

2016 Rüsselsheim am Main 2009 Frankfurt am Main 2008 Offenbach 2006 Wiesbaden 2005 Mörfelden-Walldorf 2004 Bad Hersfeld 2003 Oberursel 2002 Limburg an der Lahn 2001 Büdingen 1999 Rüsselsheim 1998 Fulda 1997 Kronberg Zuständig für die Organisation: Literaturgesellschaft Hessen e.V.

 

 

 

(25.3.2019):

Während meiner Vorstandsszeit gab ich drei bis vier Mal im Jahr einen "Rundbrief" heraus. Ich sammelte darin Nachrichten aus dem Verein, aus dem VS Hessen und dem  Bundes-VS: aber ich fand auch immer wieder interessante Meldungen aus dem  allgemeinen literarischen Leben. Leider sind diese Rundbriefe nicht elektronisch gespeichert; ich besitze nur eine Sammlung der gedruckten Exemplare. Jüngst fiel mir ein Bericht vom April 2003 in die Hände, den ich über eine Delegiertenkonferenz des Bundes-VS verfasst hatte. Sie fand in Wolfenbüttel statt, in der selben Bibliothek, in der schon Lessing als Hofbibliothekar gewirkt hatte. Am Tagungsabend trat Martin Walser in dem historischen Bibliothekssaal auf und las aus seinem neuen Roman "Der Tod eines Kritikers". Hier ist mein Bericht:

"Ankommen in Wolfenbüttel

An allen Wänden des kirchenhohen Raumes standen Bücher, Reihen von ledergebundenen, mehr als dreihundert Jahren alten Kostbarkeiten, hinauf bis zum Gewölbesockel reichten sie, die großen Bücher in den unteren Regalen, oben zierlichere Bände. Noch heute benutzen hier Bibliothekare  ein Verzeichnis, das Leibniz zwischen einer seiner Reisen von dieser Bibliothek angefertigt hat. Die Bücher enthalten das Wissen, das im 16. und 17. Jahrhundert dem Studierenden, dem Suchenden, dem Regierenden auch, zugänglich war. Herzog August hieß der Regierende, der die  berühmte Bibliothek in Wolfenbüttel erbauen und einrichten ließ. Zweihundert Jahre nach der Gründung war Lessing dort Hofbibliothekar; er schrieb in Wolfenbüttel sein Drama von “Nathan dem Weisen“, das aus seiner engen Freundschaft mit Moses Mendelssohn erwuchs.

In den magischen Raum dieser Bibliothek lud die in  Wolfenbüttel tagende VS-Delegiertenkonferenz am 29. März 2003 zu einer öffentlichen Lesung mit Martin Walser ein.  Mitveranstalter waren die Bundesakademie, die Herzog-August-Bibliothek und Radio Bremen. Die Menschen strömten von nah und fern herbei. Zur Einleitung hielt Imre Török, Vorsitzender des VS Württemberg, eine Verteidigungsrede mit vielen Walserzitaten und endete mit den Worten: „Um die Schuld eines Schriftstellers zu beweisen, braucht man doch keine Indizien. Es genügen seine Bücher.“  Er sagte nicht, von welcher Schuld die Rede sei; er unterstellte stillschweigend, die Anwesenden wüssten, was er meinte.

Martin Walser las den Anfang seines Romans „Der Tod eines Kritikers“. Er las brillant, wie immer, eine knappe Stunde lang. Dann lud Imre Török das Publikum zu Fragen ein, und Fred Breinersdorfer, Vorsitzender des  Bundes-VS, fragte den Freund, ihn duzend, ob er vorher geahnt habe, welche Folgen sein Roman nach sich ziehen werde.  „Nein“, antwortete Walser mit fast versagender Stimme und raffte sich auf: „Nein, man denkt doch, man macht Literatur, und wenn sich dann die Realität so benimmt wie die Literatur....“  Martin Walser sprach über seine Verletztheit, man spürte sie ihm an, sprach auch über seinen Zorn, den er in einen weiteren Text gegossen, aber nicht veröffentlicht habe. „Es ist gut, etwas in der Schublade zu haben.“ Da war er schon wieder heiterer. Er sagte nicht, was ihn verletzt habe, noch weniger, wer – auch er setzte ein Wissen beim Publikum voraus. Er schloss mit der Vermutung ab, auch „die Anderen“ seien möglicherweise Verletzte. Ein Museum von Verletzungen.“

Es gab keinen Dialog. Niemand deutete an, dass es bei der schwelenden Polemik im Grunde und unterschwellig um das Verhältnis der Deutschen zu den Juden ging, vielleicht um einen Opferstatus,  den die einen für sich einfordern und anerkannt sehen möchten, während die andern, Gott sei’s geklagt, ihn haben. Die Veranstaltung hatte etwas von einem Gerichtsverfahren, bei dem der Ankläger fehlte, bei dem nur die Verteidiger das Wort ergriffen.

Es hätte eines Anklägers womöglich nicht bedurft, wenn man sich auf den Geist des Ortes besonnen hätte, auf den Hofbibliothekar Lessing, seinen weisen Nathan. Hat denn damals, in der Beziehung zwischen Lessing und Moses Mendelssohn, die Verbindung zwischen deutscher Literatur und jüdischem Geist nicht ihren Anfang genommen? Wäre nicht etwas gewonnen  gewesen, wenn man sich auf diesen Anfang, auf diesen Ort besonnen hätte? Weder Walser, noch seine Freunde, noch auch der Bibliotheksdirektor deuteten einen solchen Gedanken an. Walser selbst sprach gleich nach seiner Ankunft  von dem „Schock“, den ihm der Anblick dieses Buch-Raumes versetzt habe, einen Schock, sagte er, wie ihn der Flugreisende erfährt, wenn er in der Karibik ankommt. 

Wäre Walser doch in Wolfenbüttel angekommen....."

(Erschienen in „LIT-Rundbrief“ 2/03 im April 2003. Dieser Rundbrief war das Mitteilungsblatt der Literaturgesellschaft  Hessen e.V. , das etwa viermal pro Jahr an die LIT- und die VS-Mitglieder verschickt wurde.)

 

Vorsitzende war ich von 1998 bis 2008. Danach folgte Barbara Hennings in dieser Funktion, trat aber 2010 zurück. Es fand sich kein Nachfolger, wir suchten vielfältig und schrieben uns sogar in das Register des Instituts für Sozialforschung ein, in das Leute, die eine ehrenamtliche Arbeit suchen, Einblick nehmen können. So fand uns eine junge Unternehmerin; sie kandidierte, nachdem sie erklärt hatte, sie wolle Mitglied werden, für den Posten der Vorsitzenden. Als Fachfrau für "Kommunikation", die mit dem Computer selbstverständlich vertraut war, schien es, dass sie eine neue Epoche einläuten könnte.

Später zeigte sich leider eine tiefe Kluft zwischen einigen Anhängern der neuen Vorsitzenden und den bisherigen Mitgliedern. Offenbar verstand die junge Frau den Verein als Veranstalter von literarischen Lesungen mit namhaften Autoren, wo es nur auf die Zahl der Besucher ankam, nicht auf die literarische Förderung von hessischen Autoren. Damit waren die meist selbst schreibenden Mitglieder nicht einverstanden.

Es erwies sich, dass die vor einem Jahr gewählte Vorsitzende damals doch nicht Mitglied geworden war, sondern diesen Schritt erst ein halbes Jahr später tat, und das auch nur auf sanften Druck unserer Schatzmeisterin hin. Damit war ihre Wahl ungültig. Wir mussten eine neue Mitgliederversammlung einberufen; auf dieser wurde nun Claus Peter Leonhard zum Vorsitzenden gewählt. Er ist Autor, ehemaliger Buchhändler und hat Erfahrungen auch auf organisatorischer Ebene; er bringt neue Ideen, neue Tatkraft ein.

Februar 2013: Leonhard wurde erneut zum Vorsitzenden gewählt, mit ihm Maria Regina Kaiser als Stellvertreterin, Susanne Czuba-Konrad als Schriftführerin undGerda Jäger als Schatzmeisterin. Für die Zeit vom 6.-10. April sind in Steinau an der Straße die Hessischen Literaturtage geplant.

20.11.16: Die Literaturtage in Steinau fielen leider aus. Doch Anfang dieses Jahres organsierte die Lit unter der Leitung von Gerda Jäger die Literaturtage in Rüsselsheim, die erfolgreich verliefen. 

1. 3.2017:

Die Beziehungen im Vorstand erlauben kein gemeinsames Arbeiten mehr; da sich niemand meldete, der den Vorsitz übernehmen und dem Verein neuen  Mut einflößen wollte, wurde am 24. Feburar zu einer Auflösungsversammlung gerufen. Bei der Abstimmung entschieden sich 5 Teilnehmer gegen eine Auflösung und nur 4 dafür. Es gab noch immer niemanden, der Verantwortung übernehmen wollte. Die Versammlung vertagte sich.

25.3.2019:

Im August 2018 ist Gerda Jäger gestorben. Mit ihr wurde gewissermaßen auch die LIT zu Grabe getragen. Gerda hatte ihr noch mal eine Reputation verliehen. Sie ruhe in Frieden.

Es war ihr allerdings nicht gelungen, im Vorstand ein einvernehmliches Arbeiten aufrecht zu erhalten. Sie hatte alles allein gemacht. Susanne Konrad übernahm es danach, die Prozedur zur Auflösung des Vereins in Gang zu setzen. Inzwischen ist er aus dem  Vereinsregister gelöscht.