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Kommunale Jugendpolitik

Wie nimmt „Jugendpolitik“ die Jugendlichen wahr?

„Kommunale Jugendpolitik“ hieß ein SPD-Workshop vom 28. Oktober, an dem ich teilnahm. Meine Lesepatentätigkeit seit anderthalb Jahren machte mich für das Thema aufmerksam. So erhoffte ich Aufschlüsse, neue Ideen, vielleicht Ratschläge für die Aufgaben, vor denen ich in meinem Zusammenhang stehe: wie vermittle ich den Kindern, dass Lesen Spass macht, weil man dabei die Welt wiedererkennt, wie zeige ich ihnen die Welt, damit sie sie in der Lektüre wiedererkennen.
Aufschlüsse erhielt ich tatsächlich: etwa über die Rechtslagen der hessischen Kinder- und Jugendhilfe, über deren „Angebote“, über den Unterschied zwischen gesetzlich vorgeschriebenen  und offenen Maßnahmen, über Einschränkungen durch Haushaltskürzungen. So wurde über ein kostenloses Mittagessen für alle Schüler berichtet, das ersatzlos gestrichen wurde, weil die betreffende Kommune so verschuldet ist, dass sie nicht mehr über ihren Haushalt verfügen darf und weil das Mittagessen nicht zu den gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen gehört. Juristisch korrekt, vor Ort und in der Wirkung katastrophal.
Meistens kamen Kinder und Jugendliche nur als statistische Menge vor, nicht als Individuen. Einmal sagte aber jemand: wir müssten unsere Hilfen so gestalten, dass sich darin unsere Wertschätzung für die nachwachsenden Generationen wiederspiegelt. Diese Idee wurde kurz aufgegriffen; aber als eine Teilnehmerin darunter die Wertschätzung für die Jugendhilfe (also für die Amtspersonen selbst) verstand, widersprach keiner.
Eine andere Teilnehmerin, von den Jusos, mit ihren 19 Jahren selbst schon aktiv in der Kommunalpolitik, wünschte sich eine Beteiligung von Jugendlichen und Kindern an den Entscheidungsfindungen. Immer werde „über“ die Jugend geredet, aber nicht mit ihr. Das bestritt niemand. Aber wie das geht, das wusste auch keiner von den Anwesenden. Das Thema kam bei einer der Arbeitsgruppen vor – allerdings im Wesentlichen als Powerpoint- Grafik. Dieses Thema wäre ein eigenes, sorgfältig vorbereitetes Workshop wert.
Es wurde mir nicht klar, was der Zweck der Veranstaltung war, auch nicht der der „Arbeitsgruppen“. Die „Berichte aus den Arbeitsgruppen“ hätten laut Programm ab 18 Uhr 30 vorgetragen werden sollen. Tatsächlich gab es statt der angekündigten vier nur zwei Arbeitsgruppen, und die, der ich mich angeschlossen hatte, tagte immer noch um sieben Uhr. Hier war eingangs nicht gefragt worden, wozu ein etwaiges Ergebnis dienen solle, wie dieses Ergebnis festgehalten würde.
Kein Referent hielt seine Zeitvorgaben ein. Dadurch entstanden die Verspätungen, für die sich die Referenten zwar entschuldigten, aber in der unterschwelligen Überzeugung, dass sie die Zeitverlängerung dank der Bedeutsamkeit ihrer Darlegungen gewissermaßen verdienten. Der Hauptvortrag „Prävention als Leitmotiv erfolgreicher kommunaler Kinder- und Jugendpolitik“ von Elke Kühnholz war in außerordentlich akademischer Sprache gehalten („präventive Maßnahmen implementieren“ hörte ich, dachte an meine zwei Lesepatenkinder und fühlte mich hilflos), inhaltlich schlüssig  und durchaus von Sympathie für Kinder und Jugendliche getragen. Aber eben weit weg von Wirklichkeit. (In dieser, in meiner Wirklichkeit erhebt sich zum Beispiel die Frage, wie ich eine Mutter davon überzeuge, dass sie stundenweise den Fernseher abstellt, damit die Kinder in Ruhe ihre Hausaufgaben machen können. Der Mutter verleiht die ständige Gegenwart eines Fernsehsenders Sicherheit und Stabilität, und sie glaubt, dass dieses in etwa auch für die Kinder gelte.)
Ein weiterer Vortrag handelte von den „Milieus“ der Jugendlichen, die unterteilt wurden in „konservative“,  „konsum-materialistische“, „postmaterielle“ Milieus und in „moderne Performer“, wobei Untersuchungen auf dieser Basis auch nur erstmal die Statistiken füttern und anscheinend niemand mit irgend einem solcher Art kategorisierten Jugendlichen auf Augenhöhe gesprochen hat. Das Lebendige an diesem Vortrag war die zu jeder Kategorie eingespielte Musik – Musikfetzen  -, zu denen der Vortragende sich jeweils mehr oder weniger begeistert wiegte. Grundlage des Vortrags war eine sog. „Sinus-Studie“ von 2007 und ich entdeckte nachträglich bei Wikipedia, dass „Milieuforschung“ zwecks Marketing betrieben wird. Marketing interessiert sich für Konsumfragen, nicht für die Bildung von Kindern.
Einer der Gegensätze innerhalb des Gesamt-Themas, den ich erkennen konnte, war der zwischen der „Prävention“ und der „Wertschätzung“. Unter „Prävention“ verstehen die Jugendpolitiker Maßnahmen, die dafür sorgen, dass Jugendliche nicht gewalttätig werden. Stichhaltig nachprüfen lassen sich die Erfolge solcher Maßnahmen nicht, doch sprechen einleuchtende Gründe dafür. Leider geht „Prävention“ von kriminellen Neigungen aus, d.h. sie unterstellt den Kindern und Jugendlichen von vornherein gesellschaftsschädigende Absichten. „Wertschätzung“ hingegen würde von positiven Potenzialen ausgehen und würde sich bemühen, möglichst viele Kinder und Jugendliche für Bildung und Wissen zu interessieren, würde ihre sozialen und kognitiven, musischen und sportlichen Fähigkeiten stärken. Solche Ideen kamen im Workshop nicht vor. Da „Wertschätzung“ bisher offenbar in keinem einschlägigen Gesetz verankert ist, könnten die Funktionäre damit wohl nichts anfangen, erst recht nicht, wenn sie auch noch den Gesetzgeber davon überzeugen müssten.
Als zuletzt die zwei Arbeitsgruppen ausgerufen wurden, wählte ich „Partizipation“. Doch bin ich nicht bis zum Schluss geblieben, zu nervös machten mich die umständlichen und langatmigen Darstellungen des Referenten, der um sieben Uhr immer noch redete und damit wenig Aussicht bot, zu irgend einer gemeinsam erarbeiteten Schlussfolgerung zu gelangen.
Es lagen Schriften aus. Zuhause las ich mit steigendem Interesse eine Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“ (Nr. 7-8 / 2011 vom 14. Februar 2011), die ich mir mitgenommen hatte und die den Titel  „Kommunalpoltik“ trug. Die Lektüre schenkte mir tiefe Einblicke in die kommunalpolitische Wirklichkeit in Deutschland. Das größte derzeitige Problem ist demnach die Schuldenlast, unter der die Kommunen ächzen und die damit zu tun hat, dass der Bund den Kommunen kostspielige Aufgaben überträgt, aber keine zusätzlichen Einnahmen ermöglicht. Kommunen mit Deindustrialisierungsproblemen leiden am stärksten.
Mit dieser Lektüre hatte sich der Workshop doch noch gelohnt, denn ich hatte etwas verstanden, das mir vorher so nicht klar war. Auch wenn ich für meine spezifischen Fragen keine Antworten fand. Und jedes Kind hat spezifische Fragen.
Barbara Höhfeld
31. Oktober 2011

Wahlkampf Januar 2011:

Herzblut und Überstunden

Auch Schulen spielen eine Rolle im Kommunalwahlkampf für den 27. März 2011. In Frankfurt hatte die SPD auf großen Plakaten zu einem Diskussionsforum im Gallus- Theater eingeladen. Das Thema: „Die Schule als Motor für den Staddteil“; im Untertitel erfuhr der Neugierige, dass über die Rütli- Schule in Berlin berichtet werden würde.
Ich war dort. Zusammen mit einigen Dutzend anderer Interessenten; es befanden sich etwa vier Reihen Tischchen mit je vier Sesseln im Foyer; nicht alle wurden benutzt. Dafür standen manche Männer hinten, mit dem Rücken an die Bar angelehnt.
Ich fragte die Assistentin vorher, für wen die Veranstaltung bestimmt sei? Welche Veränderungen damit angepeilt würden? „Na ja, Veränderungen vielleicht grade nicht,“ meinte sie bescheiden, „aber man kann doch was lernen.“
Was lernte ich? erstens, dass im Stadtteil Gutleut etwa 30.000 Menschen wohnen und dass es dort nur eine einzige integrierte Gesamtschule gibt, immer noch ohne Oberstufe. Diese wurde bislang von der Landesregierung verweigert, die Stadt setzte sich nicht dafür ein. Mit dem Anwachsen des „Europaviertels“ werden die Stadtteilvertreter einen neuen Vorstoß in dieser Angelegenheit unternehmen. Die anwesenden SPD- Stadtverordneten (Brigitte Enzmann und Turgut Yüksel) versprachen Unterstützung.
Zweitens lernte ich, dass die noch vor zwei Jahren verzweifelte Situation der Berliner Rütli- Schule (die Zeitungen berichteten) inzwischen aufgefangen und erheblich gebessert werden konnte, und zwar nicht durch mehr Geld – unter den Anwesenden war der Standpunkt verbreitet, dass man die Schule vermittels zuätzlichem Geldzufluss rehabilitiert hätte – sondern durch „Herzblut und Überstunden“. Das waren die Worte der Berliner Referentin Ilse Wolter: Mit Herzblut und Überstunden, vor allem der Lehrer, sei es gelungen, einen Schulbetrieb zu schaffen, mit dem sich alle – Schüler, Eltern, Lehrer, Quartiersbewohner – identifizieren könnten.
Ich war paff. In Hessen haben sich die Lehrer vor dreißig, vierzig Jahren mit „Herzblut und Überstunden“ in die Arbeit geworfen; u.a. entstanden die Gesamtschulen und die Integrierten Gesamtschulen, die JEDEM Kind eine möglichst umfassende Schulbildung bieten sollten. Heute wird die Ausbeutung der Lehrer durch den Landesherrn vorangetrieben, ja, es werden Planstellen aufgehoben, um mit dem so gesparten Geld Billigkräfte für die Schulen anzuheuern!! Und es entstehen mehr und mehr Privatschulen im Lande.
Ich bin noch auf einen dritten Aspekt aufmerksam geworden. Auf dem Berliner „Campus Rütli“, wie der Komplex aus mehreren Schulen, Kitas, Elternberatungen und Treffpunkten für das ganze Viertel jetzt genannt wird, kümmern sich entsprechende Organisationen auch um die Eltern. Die Eltern werden dort, wenn ich recht verstanden habe, um ihrer selbst willen angesprochen, sie werden respektiert als die Menschen, die sie sind. Nach Schaffung einer Vertrauensbasis wird ihnen u.a. deutlich gemacht, welche Mitarbeit deutsche Schulen von den Eltern ihrer Schüler und Schülerinnen erwarten.
Das ist ein Gesichtspunkt, der für Frankfurt- Sachsenhausen ins Gesichtsfeld rücken könnte, jedenfalls für den Wohnbereich im Westen, der rechts und links der Mörfelder Landstraße zwischen den beiden Eisenbahnbrücken liegt. Ich arbeite dort als Lesepatin, und ich habe den Eindruck gewonnen, dass sich viele Eltern sehr weit weg von der Schule sehen. Das wirkt sich wiederum auf die Kinder aus, die sich naturgemäß nicht unbedingt weit von ihren Eltern entfernen möchten. Sie geraten in ein Dilemma, wodurch das Lernen behindert wird.
So könnten die Frankfurter auch was von den Berlinern lernen, indem sie stärker auf die Eltern zugingen. Es stellt sich eben immer wieder die Frage, ob man auch Kinder aus „bildungsfernen Schichten“ Aufstiegsmöglichkeiten schaffen will. Will die SPD das noch? Dann sollte sie sich ihnen zuwenden.
Die Berliner könnten sich ihrerseits mal das Frankfurter System der „Ortsbeiräte“ angucken, das wär was Neues für sie. Nichts gegen Herzblut und Überstunden. Auf die Dauer aber reicht das nicht.

Frankfurt, den 29. Januar 2011
Barbara Höhfeld

2010

Zur Stellung der Literatur in der   SPD:

Hat Linda Reisch recht?

Am Sonntag, den 26.9.2010, hat die „Literaturgesellschaft Hessen e.V.“ wieder den Gerhard- Beier- Preis vergeben. Er ist mit 1.500 Euro dotiert. Der Preis ging in diesem Jahr an Gabriele Beyerlein für ihren Roman „Es war in Berlin“. Die Preisverleihung fand in Kronberg im Taunus statt, weil Gerhard Beier, der Historiker und Künstler, an den der Preis erinnert, in Kronberg im Taunus lebte und arbeitete. Die Ausschreibung forderte ein literarisches Werk mit sozialem Bezug. Es gingen zwanzig Bücher ein, die Jury war sehr zufrieden mit dem Niveau. Vier Autoren gelangten in die engere Auswahl, zuletzt einigte man sich auf Gabriele Beyerlein. Die Jury bestand aus drei Mitgliedern der Literaturgesellschaft: Carla Kleinau, Paul Pfeffer (beides ehemalige Gymnasiallehrer und selbst Autoren) und die Lyrikerin Sela König. Die Preisträgerin hob in ihrer Dankesrede hervor, dass die Kurzlebigkeit eines Buches auf dem Markt durch einen solchen Preis zumindest für eine gewisse Zeit aufgehoben werde.
Die Kurzlebigkeit eines Buches auf dem Markt. Manchmal steckt jahrelange Arbeit darin, umfangreiche Recherchen waren nötig (wie im Fall von „Es war in Berlin“, wo der Kampf der Arbeiterklasse gegen die Ausbeutung durch die Kapitalisten eine große Rolle spielt), manchmal gab der Autor, wie Elfriede Jelinek einmal bemerkte, sein „Herzblut“ hinein – aber spätestens nach zwei Jahren wird alles verramscht. Ein Literaturpreis trägt den Titel noch einmal in die Öffentlichkeit, und das Buch gewinnt dadurch eine längere Lebenszeit.
Ist das der einzige Vorzug, den ein solcher Literatur- Preis mit sich bringt, wenn man mal von dem Segen des Geldes an sich absieht? (Schriftsteller leben häufig prekär.) Linda Reisch hat erklärt, es gebe schon „zu viele literarische Preise“. Ich vermute, dies war ihre Reaktion auf meine Anfrage, ob sich die hessische SPD an der Finanzierung des Beier- Preises beteiligen wolle. Immerhin war Gerhard Beier zu Lebzeiten ein SPD- naher Autor. Und einer „Literatur mit sozialem Bezug“ könnte die Partei doch ihr Wohlwollen schenken, hatte ich gemeint. Ich bekam eine Ablehnung; die Begründung entdeckte ich in einem Protokoll: demnach gebe es schon viel zu viele Literaturpreise.
Stimmt das? Ich denke nicht. Als ehemalige Vorsitzende der Literaturgesellschaft kenne ich eine große, eine gewaltige Anzahl von Menschen, die literarisch schreiben, ohne dass sie auch nur einen Cent daran verdienen. Sie gehören zu den Menschen, die sich um die Sprache und ihre Vielfalt bemühen. Sie sind Menschen, die sich Gedanken machen und sie ausdrücken, die Schönheit wahrnehmen und sie beschreiben, und die Wirklichkeit. Sie sind Menschen, denen an Kommunikation gelegen ist. Je mehr es davon gibt, desto besser, könnte man meinen. Wenn das Geschriebene jedoch keine Aufmerksamkeit findet, wenn keine Auseinandersetzung über diese Texte stattfindet, wenn mit anderen Worten keinerlei Anerkennung dafür zu gewinnen ist, so verdorrt die Urheberschaft wie eine Wiese in langer Trockenzeit. Es entsteht keine Veränderung, keine Verbesserung, kein Lernen, kein Austausch mehr.
Einen solchen Austausch bieten Schreibwerkstätten, und es ist ein Glück, dass sie in großer Zahl angeboten werden. (Übrigens hörte ich, dass die SPD im Nordend eine Schreibwerkstatt für Kinder und Jugendliche unterhält. Warum machen wir sowas nicht auch in Sachsenhausen?) Die Autoren und Autorinnen, die sich auf die eine oder andere Weise ein Können, eine Fertigkeit erarbeitet haben, ohne doch gleich für den „Büchnerpreis“ vorgeschlagen zu werden, auch sie brauchen Anerkennung, und für sie gibt es die zahlreichen niedriger dotierten Preise. Ein Preis wie der Beier- Preis hebt den Preisträger aus einer gesichtslosen Menge heraus. Beim letzten Mal vor zwei Jahren fand der preisgekrönte Autor Rainer Wiezcorek dank des Beier- Preises anschließend einen angesehenen Verlag für seine Bücher.
Die diesjährige Preisträgerin Gabriele Beyerlein, eine promovierte Psychologin, etablierte sich seit 1987 als freie Schriftstellerin in Darmstadt. Ihr Roman „ Es war in Berlin“ ist der dritte Band einer Berlin- Trilogie, die im Kaiserreich um 1900 spielt. Beyerlein begann als Jugendbuchautorin, schreibt aber inzwischen auch für Erwachsene. Besonderes Augenmerk richtet die Schriftstellerin gern auf die Situation von Frauen und Mädchen. Zum Reinschnuppern hier ein kleines Zitat aus dem preisgekrönten Buch:
<„Kurzarbeit? Einfach so?“ Jenny sah sie fragend an und blieb stehen.
Clara nickte. „Uns hat keiner was erklärt.“
„Und morgen heißt es dann, der Absatz für Wolle ist eingebrochen und ihr müsst für den halben Lohn arbeiten!“, erregte sich Jenny. „Ich kenne das, ich hab das alles schon erlebt, vor Jahren, als ich als Mantelnäherin in der Fabrik in der Spandauer Straße gearbeitet habe. Und das Garn und die Nähnadeln wollten sie uns auch noch vom Lohn abziehen. Pass bloß auf, Clara, dass es euch nicht auch so geht!”>

Den Rest unter www.gabriele- beyerlein.de – oder im Buch: „Es war in Berlin“!

Barbara Höhfeld
Frankfurt, 29. September 2010

Jugend und Politik:

Gleiche Chancen für ALLE Kinder?

In der Krifteler Straße 55 arbeiten zwei Verantwortliche auf anderthalb Stellen mit zehn freien Mitarbeitern an einem Projekt, das schon Tradition, ja Geschichte hat, aber keine Patina: Unter „Jugendkultur und Neue Medien“ bietet man dort den Bewohnern des Viertels die Möglichkeit, auf den Gebieten Film, Video, Foto,Theater u.a. Eigenes auszuprobieren. Vor allem Jugendliche machen davon Gebrauch.

Zum Gesprächsthema „Jugend und Politik“ hatte die Frankfurter SPD am 13. Juli in das Gallus- Zentrum in der Krifteler Straße eingeladen, und es kamen einige Dutzend Besucher. Vor allem beehrte eine Frau die Veranstaltung mit ihrer Anwesenheit – ich sage das ohne Ironie, denn es machte wirklich Vergnügen, sie zu sehen und zu hören: Manuela Schwesig ist Ministerin für Soziales und Gesundheit aus Mecklenburg- Vorpommern und stellvertretende Vorsitzende in der Bundes- SPD. Sie bereist zur Zeit die Bundesrepublik im Rahmen der sogenannten „Zukunftswerkstätten“ der SPD, um sich ein Bild zu machen und um Vorschläge anzuhören. Was sie aus Meck- Pom berichtete, gab zu Zuversicht Anlass: Krippe und Kindergarten für alle Kinder, kostenlos, das hat sie daheim schon durchgesetzt. Denn die frühkindliche Bildung, d.h. die Anregungen und Lernmöglichkeiten für ganz kleine Kinder sollen allen Schichten offenstehen. So können sie mit einigermaßen ähnlichem Horizont mit sechs Jahren ihre Schule beginnen.

Hier im Westen gibt es das noch nicht. Frau Hoffmann vom Gallus- Zentrum erzählte von einer Fotoausstellung. Junge Leute aus einem Gymnasium, aus einer Realschule und aus einer Berufsschule hatten die Fotos aufgenommen, und an den Bildern waren keine Unterschiede zwischen den Schulwelten zu erkennen. Sobald jedoch Sprache hinzukam, sagte sie, merkte man den schichtenspezifischen Unterschied sofort. Es gelinge ihnen, berichtete Frau Hoffmann, auch Jugendliche zum Schreiben zu bringen, die dem Schreiben und Lesen sonst eher ausweichen, und zwar indem sie sie Raptexte schreiben lassen. Doch wirkliche Spracharbeit könnten sie mit den Jugendlichen nicht leisten.

Der Versammlung wurden zwei kleine Filme vorgeführt, einer zum Thema Politik („Wa(h)re Lügen“), ein anderer zum Thema Ungerechtigkeit („Was ich will Frankfurt“). Wenn man die Jugendlichen nach ihrem Politikverständnis frage, so erfuhren wir, wehrten sie ab: Politik interessiere sie nicht. Doch wenn man mit ihnen Themen wie Armut, Arbeitslosigkeit und Ereignisse aus ihrem Alltag anschneide, dann würden sie lebendig. So lebendig, dass einige SPD- Vertreter beschlossen, einen der Filme für eine Vorführung zum anstehenden Bundesparteitag zu buchen!

Was sie sich wünschten, wurden die Leute vom Gallus- Zentrum zum Schluss gefragt. Gemügend Finanzierung, damit sie weiterarbeiten könnten, war ihr Hauptwunsch.

Es gab dann auch noch Fragen aus dem Publikum. Dies war meine eigene: Will die SPD angesichts der weithin herrschenden Selbstverständlichkeit, dass reiche Kinder bessere Schulen verdienen als arme, will sie nicht noch einmal und immer wieder offen und deutlich verkünden, dass in unserer Republik ALLE Kinder möglichst gleiche Chancen haben sollen? In Mecklenburg- Vorpommern, sagte Frau Schwesig, kümmere man sich schon darum.

In Hessen hapert es damit, das war jedem klar. In den SPD- Texten über die „Zukunftswerkstätten“ kommt es nicht vor. Ein offen ausgesprochenes Recht auf gleiche Chancen würde das Selbstvertrauen der Jugendlichen stärken helfen, meine ich.

Barbara Höhfeld, 16. Juli 2010

Wie spricht man mit Zornigen?

Heimat Babylon:

Vom „Fremdarbeiter“ zu Multikulti – und weiter?

„Heimat Babylon“ hieß ein Buch, das Daniel Cohn-Bendit und Thomas Schmid im Jahr 1992 veröffentlichten. Interessant wird es heute, im Jahre Sarrazin, noch mal einen Blick in dieses Buch zu werfen.
Die Autoren stützten sich auf eine ganze Bibliothek von Publikationen zur Frage der Migration, und sie vertraten eine These: „Die Bundesrepublik ist ein Einwandererland“, sagten sie immer wieder und belegten es. Die Situation war nämlich zu jener Zeit die, dass die Regierung den Standpunkt „Deutschland ist kein Einwandererland“ vertrat und dementsprechend nur eine „Ausländer“- Gesetzgebung für nötig hielt. Diese „Ausländer“ waren ausschließlich als Arbeitskräfte gedacht, mit deren Hilfe unter anderm auch das Ansteigen der Löhne allgemein etwas gedämpft werden konnte. Sobald die Arbeitslosigkeit anstieg, versuchte man, sie wieder loszuwerden und neue Zuwanderung zu verbieten.
Mit Familien, mit Kindern, gar mit alternden Rentnern hatte, zumindest in den fünfziger Jahren, keiner gerechnet. In „Heimat Babylon“ steht: „Heute klingt es auf peinliche Weise banal, wenn mahnend die Weisheit verkündet wird, Arbeitskräfte seien geholt worden, Menschen jedoch gekommen. Es hat aber – so unglaublich das auch klingt – wirklich niemand daran gedacht: Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard nicht, die Bundesanstalt für Arbeit nicht, die Unternehmerverbände nicht und auch die Kirchen, die Medien und die kritische Intelligenz nicht, die sonst ja immer sehr genau zu sagen weiß, wo ‚die’ Macht versagt hat.“
Cohn-Bendit gründete in Frankfurt das AMKA, das Amt für multikulturelle Angelegenheiten. Die Epoche des Multi-Kulti begann. Die Andern, die Nicht- Deutschen, waren ebenso viel wert wie Deutsche, hieß das, man sollte ihre Kultur respektieren, was nicht selten darauf hinaus lief, es mehr zu respektieren als das Eigene. In den Neunzigern hörte ich das Wort „Islam- Bonus“, das besagte, wenn einer in irgendeiner Funktion (des Vereinslebens) sich besonders für Islamisches einsetzte, mehr als man es z.B. beim Katholischen für angemessen gehalten hätte, dann müsse man ihm das zugestehen. Er bekam den „Islam- Bonus“. Hinzu kam, dass „deutsch“ unter Deutschen noch Anfang der Neunziger nicht angesehen war, es wurde vielfach mit „Nazi“ gleichgesetzt.
Cohn-Bendit und seine Mitstreiter setzten sich politisch dafür ein, dass die „Ausländer“ nun auch als „Menschen“ behandelt und ernst genommen würden. Die Erfolge blieben nicht aus. Ab 1998 kam eine neue Regierung, und diese erklärte Deutschland zum „Zuwandererland“. Das hatte Folgen, zum Beispiel die, dass Deutsch-Unterricht für alle – also auch für Kleinkinder, Frauen, Analphabeten, womöglich sogar für Asylbewerber – von öffentlichen Stellen angeboten wurde. Noch nicht besonders koordiniert, manchmal mit wenig Überzeugung vertreten. Die Lehrer vergaß man lange, die teilweise bis heute als selbstverständlich für die Gestaltung ihres Unterrichts voraussetzen, dass jedes Sechjährige ordentlich Deutsch kann und am besten nur Deutsch. Inzwischen bekommt niemand mehr ein längeres Visum oder gar die deutsche Staatsangehörigkeit, der nicht Deutschkenntnisse nachweist. Auf welchem Niveau? Das dürfte stark variieren.
Doch immer noch fragt niemand, soweit ich beobachten konnte, nach der Wirkung des deutschen Empfangs (Unterbringung in Fremdarbeiterbaracken am Anfang, später eine demütigende Ausländerpolitik) auf die Zugewanderten. Wie gingen sie mit der Kälte, mit der Isolierung, mit der Verachtung um, die ihnen entgegenschlug?
Sie sammelten sich in Sippen, Nationalverbänden, in Gesangvereinen und eben auch in Moscheen. Sie entwickelten eigene Lebensformen. Dieses Eigenleben hat inzwischen gelegentlich eine Macht entwickelt, die sich vom urbanen Leben abschottet und es dadurch bedroht. In Köln, in Duisburg haben die Stadtväter nicht bloß den Bau von Moscheen zugelassen, was durchaus nötig und zweckmäßig ist, sondern sie haben auch Baupläne gestattet, wo diese Moscheen zu Märkten, zu Geschäftszentren ausgeweitet werden, die nach außen abgeschlossen sind. Also findet sich dort mitten in der Stadt eine „geschlossene Stadt“, mit anderer Sprache und mit Zugang nur für Angehörige einer bestimmten Gruppe von Stadtbewohnern. Sowas gab es nicht mal in den mittelalterlichen Städten Europas! Die Händler öffneten ihre Auslagen immer zur Straße hin! Noch heute bietet man üblicherweise selbst in den modernen Einkaufszentren seine Waren nach vorne hin an. Um die alten Kirchen herum standen Geschäfte, oft an die Kirchenmauern angelehnt, aber immer nach vorn und für jeden offen!
Wie dem auch sei, heute hat sich unter ethnisch Deutschen ein Zorn gegen solche Migranten angestaut, die auch nach 30jähriger Anwesenheit noch kein Deutsch können, die sich absondern und die in die staatlichen Schulen Schwierigkeiten tragen, welche ohne sie vielleicht nicht aufträten. Diesen Zorn hat die pseudo-intellektuelle Schrift des Bundesbankers jetzt sichtbar werden lassen.

Wie kann man dem Zorn begegnen, damit wieder Frieden einkehrt?

Barbara Höhfeld
5. September 2010

Über die Zugewanderten unter uns:

"Wir" und "sie"

Über der Mitgliederversammlung des OV Sachsenhausen schwebte einen Moment lang dieser Nebelstreif, ein gewisses Denken, das ich das „Wir“- und- „die“- Denken nennen möchte, eine Grenzziehung, die gewiss in vielen Situationen nötig ist, politisch etwa, wenn es um „die SPD“ und „die CDU“ geht. Neulich abend ging es aber einen kurzen Moment lang um die Beziehungen zwischen Menschen deutscher und nicht-deutscher Herkunft in Frankfurt. Wenn ein deutsch-Deutscher sagt: ‚wir müssen denen helfen’, dann ist die Gleichberechtigung schon futsch, und das meine ich mit „Nebelstreif“: das vernebelte Bewusstsein für den Nachbarn.
Die Juristen haben das Wort „Ausländer“ in die Gesetze geschrieben, allerdings trifft das Wort „Ausländer“ auch bei Juristen nicht zu auf einen Menschen mit deutschem Pass. Die Statistiker dagegen benutzen seit einiger Zeit das Wort „Migrationshintergrund“ (MH), und sie schauen nicht nach der Staatsangehörigkeit, sondern nach der pakistanischen Großmutter (ein Beispiel nur, aber ich hörte es vom Genossen Österling), um jemanden auszusondern. So darf jeder sozusagen reinblütige Deutsche unbefangen auch die Kinder und Enkel noch als „die“ bezeichnen, und sich selbst als “wir“.
Ich kenne verschiedene Sprachen, aber ich weiß, dass ich hier in Deutschland vor allem auf mein Deutsch achten muss. Wer das nicht tut, bekommt Nachteile: beim Umgang im Alltag, bei der Arbeitssuche, beim Verständnis für das, was um ihn herum vorgeht. Ich kenne andere Menschen, die mehrere Sprachen sprechen; ihnen allen ist die Fähigkeit gemeinsam, Dinge so, aber auch anders zu benennen. Die Fröhlichkeit des Vergleichens. Die Erkenntnis von feinen Unterschieden, die das Selbstbewusstsein stärkt.
Sarrazin – ein Genosse mit Berlin-Erfahrung - hat das „wir“ und „die“ auf die Spitze getrieben, indem er sich ein paar Berliner Bezirke heraussuchte und dort die Extreme als das Normale anprangerte. Er scherte sich nicht darum, dass die Berliner Extreme mit der Berliner Geschichte eng verknüpft sind. Er schaute schon gar nicht nach den Deutschen, denen sich die dortigen Extremisten gegenüber sehen. Sarrazin zelebrierte das „wir“ auf Kosten jeglichen Respekts. Zu seinem „Wir“ möchte ich nicht gehören.
In Frankfurt lebe ich mit Menschen verschiedenster Herkunft zusammen und kann mich gut mit ihnen verständigen. Auf meinem Flur leben nebeneinander: eine depressive Deutsche, eine fröhliche Deutsche, eine bulgarische Familie, eine italienische Familie und ich. Wir helfen uns gegenseitig, wenn ein Paket kommt, wenn die Heizung abgelesen wird, wenn einer mal was braucht, was der andere vielleicht hat oder kann. Wir sind Nachbarn und respektieren einander. Es lebt sich gut auf meinem Flur.
So möchte ich auch in der Stadt leben, und nach meinen Erfahrungen in Frankfurt funktioniert das gut. Ich glaube, dass Sozialdemokratie eben dies von jeher vertreten hat: gute Nachbarschaft. Auch die Einsprachigen gehören dazu. Wie aber könnten sie, die Einsprachigen, verlangen, dass alle Menschen einsprachig werden? Oder tun sie das gar nicht? Was wollen sie?
Neulich abend auf der Versammlung dachte ich mir einen kleinen Dialog aus, den ich mit einem jener „wir“- und - „sie“- Denker führen würde, völlig fiktiv natürlich. Ich versuchte es, kam aber zu keinem Ende. Vielleicht will jemand den Dialog ergänzen oder ändern?
Barbara Höhfeld

FIKTIVER DIALOG ZWISCHEN GENOSSEN
Personen: M =Migrationsbeauftragte, G = OV- Genosse

M: Was meinst du eigentlich mit „wir“ und „die“? Wer ist „wir“?
G: Wir sind eben „wir“, weil die andern anders sind.
M: Worin sind sie anders?
G: Na, im Äußeren, und in ihrer Sprache, eventuell in ihrer Religion.
M: Sind die Zeugen Jehovas „wir“ oder „die“?
G: Ich bitte dich, die Zeugen Jehovas sind eine kleine Minderheit!
M: Von „uns“ oder von „denen“? Wenn fundamentalistische Islamisten auch eine Minderheit sind – für welche Minderheit ergreift die Partei Partei?
G: Für keine von denen, ist doch selbstverständlich.
M: Dann machen wir – und damit meine ich die SPD - gemeinsame Sachen mit den übrigen, den Nicht- Fundamentalisten?
G: Das kommt auf die Standpunkte im Einzelnen an!
M: Auf welchen Standpunkt zum Beispiel?
(fortzusetzen)

Menschenrechte und Religionsfreiheit

Frankfurt, den 13. Februar 2009



Religionsunterricht? Aber welcher?

Ein kurzer Bericht von Barbara Höhfeld, Mitglied im OV Sachsenhausen und im AK Migration & Integration

Zwei Katholiken, ein Protestant, ein Muslim, ein Menschenrechtler und ein Atheist trafen sich gestern abend auf Einladung des SPD-Arbeitskreises „Migration und Integration“ in Frankfurt in der Fischerfeldstraße, um über die Frage zu diskutieren, ob es islamischen Religionsunterricht in staatlichen hessischen Schulen geben solle. Die neue hessische Kultusministerin hat eine gewisse Offenheit für diese Frage signalisiert.
Grundsätzlich fanden alle, dass es eine Sache der Gerechtigkeit wäre, da ja fast alle anderen Religionsgemeinschaften das Recht hätten, „bekennenden“ Religionsunterricht (im Gegensatz zum neutralen Religions-und Ethik-Unterricht) in öffentlichen Schulen abzuhalten. Der Vertreter der Humanistischen Union (und später auch ein SPD-Mitglied aus dem Publikum) wollten den entsprechenden Artikel 7 des Grundgesetzes als nicht mehr zeitgemäß am liebsten abschaffen, aber sie waren hoffnungslos in der Minderheit. Der katholische Theologe beschwerte sich später sogar, die „Atheisten“ hätten die eigentliche Diskussion überlagert! (Tatsächlich hatten diejenigen, die Staat und Religion wirklich trennen wollen, die geringste Redezeit, jedoch den meisten Beifall.)
Die eigentliche Opposition zu der religiösen Mehrheit am Podium kam jedoch von den „Säkularen Muslimen“ im Publikum, die zwar als Muslime geboren wurden (im Islam gilt das Kind muslimischer Eltern von Geburt an als „muslimisch“, es gibt keine Taufe), aber als Erwachsene selbst über ihre Zugehörigkeit und über ihr Leben entscheiden wollen. Heiner Bielefeldt vom „Institut für Menschenrechte“ riet ihnen, sich zu organisieren und als eigener Verein Mitspracherecht zu fordern. Denn die Muslime in Deutschland müssen sich selbst organisieren, damit der Staat mit ihnen in Beziehung treten kann.
Eine solche Selbstorgansiation ist der Verein „Islamische Religionsgemeinschaft Hessen“, die auf dem Podium von Herrn Kaymakci in makellosem Deutsch vertreten wurde. Sie bietet einen grundgesetzmäßigen, deutschsprachigen, von den Landesbehörden überwachten Religonsunterricht an. Bisher ist noch nicht gewiss, ob diese Gemeinschaftr für den evt. geplanten Runden Tisch zugelassen wird. Sie vertritt nämlich so verschiedene Gruppierungen wie Sunniten, Schiiten, Wahabiten und Aleviten. Niemand kann sich bei dieser Vielfalt einen einheitlichen Religionsunterricht vorstellen. Turuk Yüksel fragte: „Darf man in einem solchen Unterricht nicht nur Israel, sondern auch die Hamas kritisieren?“ Und er fragte: „Halten Sie eine Reform des Islam für möglich?“ Keine Antworten erhielt er auf diese Fragen, denn sie wurden als nicht zum Thema gehörig ignoriert. Alle wussten, dass eine Diskussion darüber den heftigsten Streit ausgelöst hätte.
Herr Kaymakci sagte auch, und meinte damit alle Theologen am Tisch: „Wir sitzen in einem Boot!“ Da widersprach ihm keiner. Besonders der katholische Theologe spielte ähnlich wie Kaymakci mit den Worten, wenn er z.B. behauptete, Religion könne man nur im Bekennenden Unterricht kennenlernen (nicht in der Religionskunde), so wie man Tanzen auch nur durch Tanzen lernen könne. Welche ein Vergleich! Wird denn jemand, zumal Kinder, die Beziehung zur „bekennenden Religion“ nach dem Unterricht ebenso leicht beenden wie er einen Tanz beendet?
Auf dem Podium saß keine einzige Frau. Nur der Moderator erwähnte kurz, es habe wegen dieses Mankos Beschwerden gegeben. Das Thema der Frauenrechte wurde nicht berührt. Erst nach Ende der Diskussion sah ich einen jungen blonden Mann sich drei jungen Kopftuchfrauen nähern, mit der schüchternen Frage, wie es denn mit der Beziehung zwischen Mann und Frau im Islam stünde? „Das steht im Koran!“ antwortete eine von ihnen selbstbewusst.
Da haben wir den Salat.

(Erschienen 2009 im Gästebuch von www.spd-sachsenhausen.de, seither gelöscht.)